Restaurationsprojekt: CSV60/1

Receiver und (Vor-)Verstärker außerhalb atelier/regie/slim line
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Sanug
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#31 Beitrag von Sanug » 09.05.2013, 21:37

Hallo Heinrich,

vielen Dank für deine ausführliche Erläuterung. Heute war wieder Löttag, und so habe ich erst mal die ollen Trimmpotis für die Röhren-Arbeitspunkte gegen NOS aus meinem Kellerlager getauscht:

Bild

Um nicht von ganz Null anfangen zu müssen, habe ich die neuen Potis ungefähr auf die Messwerte der alten eingestellt. Scheint auch genau zu passen, denn die Leistungsaufnahme hat sich nicht geändert.

Die Symmetrie habe ich dann noch mal neu und so sorgfältig wie möglich eingestellt. Unter 20mV zu kommen, ist aber fast unmöglich, da bräuchte man Spindeltrimmer dazu. Da mein empfindliches Digitalmultimeter mich beim Einstellen fast wahnsinnig gemacht hat, habe ich zu meiner "Bunten Kuh", einem alten Zeigerinstrument aus der DDR, gegriffen. Immerhin bin ich deutlich unter 50mV gekommen. Das ist aber extrem fummelig einzustellen.

Dem Gesamt-Ruhestrom widme ich mich ein anderes Mal, denn die NOS-DDR-Endstufenröhren machen ein kleines Problem: Obwohl alle aus der gleichen Produktionsreihe stammen, brennen die Heizfäden unterschiedlich hell. Insbesondere beim Einschalten unterscheiden sie sich dergestalt, dass 2 Röhren kurzzeitig kriminell hell werden, die anderen beiden gar nicht. Nach dem Aufheizen glühen die Heizfäden der ersten Röhren immer noch ein wenig heller als die der anderen beiden. Ein Austausch gegeneinander hat gezeigt, dass es tatsächlich an den Röhren selber liegt. Ich denke, es ist am besten, wenn ich versuche, noch 4 Exemplare dieser Produktionsreihe zu bekommen und diese dann auf Gleichheit selektiere. Sie sind ja nicht teuer.

Zweite Maßnahme war der Umbau auf RIAA. Vorher:

Bild


Nachher:

Bild

Unschön ist der stehende und vom Rastermaß nicht passende 100nF-Kondensator. Ich hatte ja axiale aus dem Kellerlager geholt, aber leider zu spät festgestellt, dass sie nur 63V Spannungsfestigkeit aufweisen, dass ist für die Anode viel zu wenig. Glücklicherweise hatte ich noch die WIMAs, das soll aber nicht so bleiben.

Die 47nF-Kondensatoren hätte ich umsetzen und weiter verwenden können - aber sie hatten deutlich Kapazität verloren und lagen nur noch bei etwa 40nF! Die anderen Kondensatoren und auch alle Widerstände lagen aber im gesunden Bereich. Gut, da war auch nicht die Anodenspannung drauf. Ob Folienkondensatoren verschleißen? Ich finde den Kapazitätsverlust schon ungewöhnlich.

Klanglich sind es keine Welten zwischen CCIR und RIAA. Nach dem Umbau hat der Grundton zugelegt, die etwas überscharfen Höhen sind verschwunden. Das Klangbild bleibt aber schön und ist keineswegs muffig geworden, wie ich zunächst befürchtet hatte. Vielmehr bleibt eine kleine Tendenz zur Hochtonlastigkeit, was daran liegen könnte, dass ich für C103 und C203 nur 15nF zur Verfügung hatte statt 18nF. Bei Gelegenheit schalte ich vielleicht 3,3 nF parallel dazu. Die grünen ERO-NOS-Kondensatoren aus meinem Kellerlager habe ich natürlich vor dem Einbau geprüft, sie sind alle in Ordnung.

Ciao

Chris

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Uli
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#32 Beitrag von Uli » 09.05.2013, 21:46

Moin!

Toller Bericht, ich setzte Ihn mal auf 'wichtig' damit er schneller gefunden wird!

Gruß... Uli
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Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie, Sarkasmus und Haselnüssen enthalten.

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carlos
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CSV 60 .....

#33 Beitrag von carlos » 09.05.2013, 22:33

Bonsoir Chris,
verfolge Deinen Bericht mit höchstem Interesse, da ich z.Zt. auch mal wieder einen CSV 60/1 in der Mangel habe, der aber bei weitem nicht den Zustand hat wie der Deine. Ist nicht mein erster, aber bisher haben wir alle wieder zum laufen gebracht, gleich, ob 60 oder 13.
Sie klingen einfach anders als die Transis, für mich einfach musikalischer, speziell der 13er .
Will aber damit keine Diskussion über Röhren- und Transenklang lostreten, die richtigen LS müssen auch vorhanden sein, z.B. CSV 13 mit LE 1 ......
Happy debugging, Carlos

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#34 Beitrag von Sanug » 09.05.2013, 22:43

Hallo Carlos,

mit den Lautsprechern habe ich wohl Glück gehabt, denn meine klingen ganz ausgezeichnet am CSV60. Es sind alte WIGO XL 1700 aus den 1980er Jahren, kurz bevor der damals renommierte deutsche Hersteller, der auch Chassis gefertigt hat, in Konkurs gegangen sind. Es sind recht große 3-Wege-Lautsprecher mit Kalotten für Mittel- und Hochton und einem dicken 30cm-Bass. Die Klangqualität dieser zugegebenermaßen hässlichen Boliden (schwarz laminiertes Spanplattengehäuse) überzeugt mich bei jeglicher Musikrichtung von Rock bis Klassik!

Wenn nicht gerade Trafos durchgebrannt sind, sollte eine Instandsetzung eigentlich immer gelingen, wenn man sich auskennt. Das ist ja durchschaubare Technik! Trotzdem kann man sich natürlich verrennen bei der Fehlersuche.

Ich stehe aktuell vor einer Kaufentscheidung für neue Treiberröhren ECF80, denn eine ist stark mikrofonisch und neigt zum schwingen. Ich habe zwei interessante Angebote: Valvo NOS für 4 Euro. Oder Telefunken NOS, der heilige Gral, mit Raute, für satte 22 Euro pro Stück. Sind die Telefunken den Mehrpreis wirklich wert? Klingen Röhren wirklich unterschiedlich oder ist das mit dem Röhrenklang nur Hifi-Esoterik?

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carlos
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Röhrlinge ...

#35 Beitrag von carlos » 09.05.2013, 22:58

Hallo Chris,
mein specialiste, der immer noch nicht greifbar ist, würde das Röhrenthema in den Bereich der Esoterik verschieben und zur VALVO tendieren, er misst alle aus und stellt sie dann zusammen.
Wegen eines Netzschalters kriegst Du eine pn,
Gruss Carlos

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Wilhelm
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#36 Beitrag von Wilhelm » 09.05.2013, 23:09

Hallo Chris,
man kann davon ausgehen das Roehren- und Transistorverstaerker etwas unterschiedlich klingen. Die Ursache hierfuer liegt in der Zusammensetzung des Klirrfaktors. Der Klirrfaktor setzt sich bei Roehrenverstaerkern, wie zB dem CSV60, überwiegend aus geradzahligen Harmonischen zusammen, bei Transistorverstaerkern, wie z B dem CSV500, jedoch aus ungeradzahligen. Nun hat das Ohr die Eigenschaft geradzahlige Harmonische weniger stoerend zu empfinden als die ungradzahligen.

Gruss
Wilhelm

Ich haette wohl besser schreiben sollen, "Eine der Ursachen ........."
Zuletzt geändert von Wilhelm am 10.05.2013, 00:50, insgesamt 1-mal geändert.

Sanug
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#37 Beitrag von Sanug » 09.05.2013, 23:54

Hallo Wilhelm,

das habe ich auch gehört, soll aber nicht die ganze Wahrheit sein. Es ist schon ein interessantes Phänomen, dass Röhrenverstärker trotz schlechterer technischer Daten subjektiv oft als herausragend wohlklingend empfunden werden. Ich denke, das liegt an der Psychoakustik, und damit meine ich nicht nur den Placebo-Effekt. Röhre gegen Transistor verhält sich wahrscheinlich ähnlich wie LP gegen CD.

Wahrscheinlich mögen unsere Ohren gar nicht die perfekte Reproduktion. Sowohl ein Plattenspieler als auch ein Röhrenverstärker mogelt dem Klangbild ja Komponenten hinzu, die im Original nicht vorhanden sind. Technisch sind das nur Verzerrungen, aber wenn es gefällt, geht das für mich in Ordnung. Beim Plattenspieler kann ich es mir übrigens gut erklären: Das Gehäuse resoniert mit, wodurch dem Klang künstlich Volumen hinzugefügt wird. Legt mal bei stehendem Plattenteller die Nadel auf eine Platte und klopft sanft ans Gehäuse, dann wisst ihr, was ich meine: Jeder Plattenspieler fügt seinen Eigenklang hinzu!

Bei der Röhre wird das ähnlich sein, aber weniger einfach. Mikrofonie tritt bei einer guten Röhre ja so gut wie gar nicht auf. Aber die Koppelkondensatoren und vor allen die Ausgangsübertrager erzeugen zusammen mit dem geringen Dämpfungsfaktor schon eine eigene Klangcharakteristik. Und die kann gefallen!

Mich fasziniert jedenfalls, dass ich an dem Klangbild dieses sehr alten Verstärkers nichts vermisse. Und das gilt immer, egal, ob ich tagsüber laut oder spät abends aus Rücksicht auf die Nachbarn leise höre! Den Klang empfinde ich immer als voll, weich, klar und durchsichtig. Wahrscheinlich ist es gerade die Unperfektheit. Und natürlich die Faszination glimmender Röhren. So ein Gerät "lebt" förmlich.

Ich kann nur sagen: So eine Restauration lohnt sich, auch wenn es Zeit und Geld kostet! Die teilweise vernichtenden Kritiken, die man im Internet über den CSV60 lesen kann, halte ich jedenfalls für vollkommen unberechtigt. Sie fußen meines Erachtens auf schlechten Erfahrungen, die mit defekten Geräten gemacht wurden. Bestimmte Teile wie die Kathodenkondensatoren oder auch die Siebelkos für die Gitterspannung der Endstufen müssen eben funktionieren, sonst macht der CSV60 keinen Spaß. Meiner klingt aber gut, und wie! Und er läuft über viele Stunden am Stück und das auch noch laut, ohne zu heiß zu werden! Gut, dass ich auf die Meinungen im Netz nichts gegeben habe.

Sanug
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#38 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 00:06

Hallo Carlos,

du hast eine PM, vielen Dank. Vielen Dank auch für deine Einschätzung zu den Röhren, ich werde die Valvos nehmen. Muss ja kein Geld verschenken, nur weil Telefunken drauf steht und die Sammler da wild hinterher sind. Der Markt mit Röhren ist schon verrückt!

Gute Nacht

Chris

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#39 Beitrag von henry2 » 10.05.2013, 00:36

Hallo Chris,

der Preis von 4€ für die ECF80 (NOS) von Valvo ist ein echtes Schnäppchen, bei dem ich ohne zu zögern zuschlagen würde. Meiner Meinung nach schenken sich die Exemplare von Valvo und Telefunken qualitativ gegenseitig nichts. Das Angebot über 22€ für die ECF80 von Telefunken halte ich für überteuert.

Bevor Du NOS-Röhren in Betrieb nimmst, die schon einige Jahrzehnte Lagerung hinter sich haben, wäre es von Vorteil, wenn Du sie erst mal einige Stunden lang mit ihrer normalen Heizspannung heizt (ohne Anoden- und Schirmgitterspannung anzulegen). Dadurch regeneriert sich die Bariumoxidschicht und es entsteht wieder eine bessere Gleichmäßigkeit dieser Schicht auf der Kathodenoberfläche. Das mindert die Änderung der Betriebseigenschaften der Röhre während des Gebrauchs, insbesondere in den ersten 20-30h nach Inbetriebnahme und wirkt sich außerdem positiv auf das Alterungsverhalten der Röhre aus.

Aus eigener Hörerfahrung kann ich Dir sagen, dass Röhren verschiedener Hersteller tatsächlich unterschiedlich klingen können. Besonders auffallend ist das bei Röhren minderer Qualität aus ehemaligen Ostblockländern (einschl. ehem. Ostzone --> RFT) oder China festzustellen. Dabei möchte ich aber hinzufügen, dass es in diesen Ländern mittlerweile auch Hersteller gibt, die eine wirklich gute Qualität fertigen, wie z.B. JJ oder Sovtec.

Gruß Heinrich

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#40 Beitrag von v/d/b » 10.05.2013, 07:29

Moin Chris,
der Thread hier entwickelt sich ja geradezu zu einem Renner.
Ein wirklich gelungener Einstieg, interessant zu lesen und mit schönen Bildern.

Was die Folienkondensatoren angeht, konnte ich auch bei meinem Verstärker bei einigen Exemplaren eine deutlich abweichende Kapazität feststellen.
Da ich immer noch im Zweifel war, ob ich hier nicht Unsinn gemessen habe, ist es schön, dass mich Deine Messungen hier bestätigen.
Eine Erklärung kann ich allerdings auch nicht bieten.

Schön auch zu lesen, dass sich Dein Netzschalterproblem ja zeitnah zu lösen scheint.

Die Valvo Röhre ist sicher eine gute Wahl. Wenn Du mal neue Röhren einsetzen willst, kann ich Dir die von JJ (früher Tesla) empfehlen. Ich habe da sowohl bei Vorstufen- als auch bei Leistungsröhren bisher nur gute Erfahrungen gemacht.
Die ECF80 haben die allerdings nicht im Programm.

@Heinrich:
Konntest Du Klangunterschiede auch zwischen hochwertigen Röhren feststellen, oder nur zu solchen mit zweifelhafter Qualität, deren Werte sich außerhalb der Spezifikationen bewegen?
Bei meinen Tests mit Valvo, Telefunken und neuen JJ im CSV 13 ist mir dies nämlich nicht gelungen.

Viele Grüße
Thomas

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#41 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 10:07

Hallo Thomas, "wer misst, misst Mist" 8) . Wenn du Zweifel hast, ob der abweichende Wert an deinem Messgerät liegt, kannst du ganz einfach ein neues Bauteil zum Vergleich messen, am besten eins mit geringer Fertigungstoleranz. Ich habe meinem billigen Peaktech Kapazitätstester zunächst auch nicht getraut, aber eine Vergleichsmessung hat gezeigt, dass es exakt genug misst.

Hier das billige Kapazitätsmessgerät Peaktech 3705, das sich schon mehr als bewährt hat, auch bei Elkos in Lautsprecher-Frequenzweichen:

Bild


Für allgemeine Messungen tut es mein Digital-Multimeter von Aldi:

Bild


Manchmal greife ich aber lieber zur "bunten Kuh", einem nostalgischen Messgerät aus der DDR, das immer noch ziemlich genau misst und gut funktioniert. Bei Justagearbeiten ist ein Zeiger oftmals intuitiver abzulesen als eine Digitalanzeige.

Bild
Zuletzt geändert von Sanug am 10.05.2013, 10:37, insgesamt 2-mal geändert.

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#42 Beitrag von v/d/b » 10.05.2013, 10:33

Moin Chris,
bei den Widerständen, die bei mir ja ebenfalls teilweise deutliche Abweichungen zu den Sollwerten hatten, habe ich seinerzeit zusätzlich zu meinem Multimeter eine Messbrücke von H&B zu Rate gezogen. Mit gleichem Ergebnis.
Bei den Kondensatoren habe ich mir Vergleichsmessungen dann gespart, weil da schon der Entschluss zur Generalsanierung gefallen war.
Dennoch quälte mich bis heute die Ungewissheit :lol:

Dein Vorschlag ist aber ein guter Anlass mein Messgerät mal mit einigen neuen Kondensatoren zu prüfen.

Viele Grüße
Thomas

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#43 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 10:41

Hallo Thomas,

bei den Widerständen habe ich gestern die Gelegenheit genutzt, mit den 1% Metallfilmern mal das Aldi-Multimeter zu prüfen. Es stimmt exakt. Billig muss bei Messgeräten nicht ungenau bedeuten.

Ungenau werden Messgeräte meistens durch Überlastung. Spannungsmessungen bei gewähltem Widerstands-Messbereich beispielsweise. Oder Fremdspannung auf dem Kapazitätsmessgerät, nicht umsonst ist da ein Warnhinweis drauf.

Mittlerweile bedauere ich es, dass ich vor 20 Jahren meine Werkstatt fast komplett aufgelöst habe. Da gab es einen Regeltrenntrafo, Funktionsgenerator, Oszilloskop...

Ciao, Chris

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#44 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 16:39

Hallo Heinrich,

ich habe jetzt 2 NOS ECF80 hier (Original Telefunken mit Raute, leider aus sichtbar zwei verschiedenen Produktionen, dafür aber nicht zu teuer) und bin mir unsicher wegen der Erstinbetriebnahme.
henry2 hat geschrieben:Bevor Du NOS-Röhren in Betrieb nimmst, die schon einige Jahrzehnte Lagerung hinter sich haben, wäre es von Vorteil, wenn Du sie erst mal einige Stunden lang mit ihrer normalen Heizspannung heizt (ohne Anoden- und Schirmgitterspannung anzulegen). Dadurch regeneriert sich die Bariumoxidschicht und es entsteht wieder eine bessere Gleichmäßigkeit dieser Schicht auf der Kathodenoberfläche. Das mindert die Änderung der Betriebseigenschaften der Röhre während des Gebrauchs, insbesondere in den ersten 20-30h nach Inbetriebnahme und wirkt sich außerdem positiv auf das Alterungsverhalten der Röhre aus.
Im Gegensatz dazu steht die Regel, dass man Röhren nie über einen längeren Zeitraum ohne Anodenspannung betreiben sollte. Ich habe dazu folgendes gelesen:
Aber was passiert beim Heizen ohne Anodenspannung? Wenn man Röhren mit einer Katode, die mit einem Erdalkalioxid beschichtet ist (das ist bei allen "modernen" Röhren der Fall), sehr lange ohne Anodenspannung und damit ohne Anoden- bzw. Katodenstrom betreibt, bildet sich kurz unter der Oberfläche der Katode langsam eine sogenannte Zwischenschicht, die die Emission dauerhaft verringert. Dieser Effekt tritt aber nur dann auf, wenn bei eingeschalteter Heizung sehr lange keine Anodenspannung anliegt. Die Aussage, man solle Röhren nie ohne Anodenspannung betreiben, ist daher falsch. Richtig ist allerdings, daß man sie nicht unnötig lange ohne Anodenspannung betreiben sollte.
Quelle: Röhrenirrtümer

Wenn ich beide Aussagen kombiniere, denke ich, dass ich sie ruhig mal vorheizen kann, nur eben nicht zu lange. Wie siehst du das?

Ciao, Chris

andreas schnadt
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#45 Beitrag von andreas schnadt » 10.05.2013, 19:47

Hallo Chris,
irgendwo im Thread habe ich gelesen, daß Du in Köln wohnst; wenn Du ein ozzi brauchst, kann ich Dir gerne meins leihen, ich brauche es eher selten und ab dem 29.5. bin ich für 2 Wochen in Schottland, da nehme ich es bestimmt nicht auf dem Motorrad mit. Also bei Bedarf gerne!
Gruß Andreas
Viel Freude beim Hören !

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#46 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 20:31

Hallo Andreas,

vielen Dank für dein freundliches Angebot! Da der Verstärker einwandfrei funktioniert, werde ich das Oszilloskop wohl nicht brauchen. Wobei ich langfristig überlege, eins zu kaufen, wenn mir ein gutes und günstiges Gebrauchtgerät über den Weg laufen sollte. Aber eigentlich muss das nicht sein.

Nun etwas ausführlicher zu meiner heutigen Einkaufs- und Reparaturaktion. Heute war ich in einem kleinen, aber gut sortierten Elektronikladen - dem letzten, den es in Köln noch gibt. Eigentlich wollte ich axiale Folienkondensatoren haben, aber die gab es nicht. Dafür habe ich 2 ECF80 NOS von Lorenz erstanden. Zu Hause gab es dann dann beim Auspacken der ersten Röhre eine nette Überraschung:

Bild

Bild

Das mit Lorenz gestempelte Röhrchen wurde im alten deutschen Telefunken-Werk hergestellt, was man an der Raute im Boden sieht :shock:

Ernüchterung beim Auspacken der zweiten Röhre. Die stammt aus einer anderen Fabrik, hat auch keinen gelben, sondern einen weißen Lorenz-Stempel und ist ohne Raute im Boden. Also bin ich zu dem Laden noch mal hin. Eine weitere Lorenz hatten die nicht, dafür aber eine noch in Folie eingeschweißte original Telefunken. Umtausch kein Problem! So habe ich jetzt für zusammen 20 Euro zwei echte NOS Telefunken-Treiberröhren bekommen. Kleiner Wermutstropfen: Auch die stammen offensichtlich nicht aus der gleichen Produktionsreihe, sie unterscheiden sich sogar sichtbar, was ihr Innenleben betrifft.

Beide habe ich mal für eine Stunde an einer Spannungsquelle mit 6V geheizt, bevor ich sie eingebaut habe. Beim Einschalten des Verstärkers gab es erst mal einen Schreck: Nur Brummen aus dem linken Kanal! Ursache war aber nur ein schlechter Kontakt des Röhrensockels, beide Röhren funktionieren einwandfrei, ohne Mikrofonie, und sie klingen auch gut und gleich.

Seit die neuen Treiberröhren drin sind, läuft der Aufheizvorgang übrigens absolut geräuschfrei. Vorher gab es immer ein Zwitschern und Zirpen beim Aufheizen.
Zuletzt geändert von Sanug am 10.05.2013, 20:53, insgesamt 1-mal geändert.

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#47 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 20:48

Neben vier neuen identischen Gehäusefüßen (einer war gebrochen) habe ich in dem Elektronikladen noch einen Netzschalter für schmale 2,50 Euro erstanden. Der hat zwar eine andere Bauform, passt aber und sieht von außen nicht so anders aus, dass es sofort auffällt. Der Original-Schalter war leider nicht zu bekommen, per E-Mail habe ich die Nachricht erhalten, dass keine mehr da sind. Falls ich doch mal einen Originalschalter bekommen kann, würde ich den aus Authentizitätsgründen natürlich einbauen.

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Bild

Ein warnendes Wort aus eigener schlechter Erfahrung zum Umgang mit der empfindlichen Aluminium-Frontplatte: Man muss höllisch aufpassen, sie nicht zu verkratzen! Beim Ab- und Anschrauben der Knöpfe reicht die leichteste Berührung der Platte mit einem Schraubendreher, um fiese Spuren zu hinterlassen. Ich habe nicht genügend aufgepasst, glücklicherweise sieht es auf dem Foto schlimmer aus als wenn man auf das Gerät sieht.

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Die metallischen Drehknopf-Unterteile der Stereoregler stellen ebenfalls eine Gefahr für die Platte dar. Diese sollten beim Montieren nicht bis zum Anschlag hereingeschoben werden, sondern nur so weit, dass die Oberkante des unteren Potiachsenteils mit der Oberkante des metallischen Drehknopfteils fluchtet, ansonsten kann der Knopf auf der Platte schaben. Richtig gefährlich wird es, wenn man Knöpfe und Frontplatte drauflässt und dann das Gehäuse öffnet: Die lose Platte schlackert jetzt frei herum und die Knöpfe vermacken die Front! Besser immer erst die Knöpfe abnehmen, dann die Frontplatte lösen und entfernen und erst dann den Gehäusedeckel abnehmen!

Wenn man schon zu faul ist, die Knöpfe zu demontieren (weil man nur eben schnell ans Innere ran muss), sollte man mindestens die Stereo-Regler auf 9 Uhr oder 3 Uhr (also waagerecht) stellen, denn dann ist die Gefahr für die Platte am geringsten. Stehen die Regler dagegen in Mittelstellung, reicht ein minimales Verkanten der Frontplatte und schon hat man eine schöne Kitsche unter dem Drehknopf voll im oberen Sichtbereich produziert!

Ciao, Chris

wickerge
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#48 Beitrag von wickerge » 10.05.2013, 22:01

Hallo Chris,
auf dem Foto sieht man nicht, wie tief die Kratzer sind. Wenn sie nur leicht sind, kannst Du versuchen, sie mit einem weichen Radiergummi wegzuradieren. Die eloxierte Oberfläche hat viel kleine Poren und das Radiergummi holt alle Anreibungen gut heraus.

Herzliche Grüße
Gerhard

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#49 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 22:03

Hallo Gerhard,

vielen Dank für den Tipp, das klingt gut! Da muss man nur aufpassen, dass man von der Beschriftung weg bleibt. Wäre sehr blöd, die mit wegzuradieren.

EDIT: Das mit dem Radiergummi hat super funktioniert, Tausend Dank! Ich denke, dass die Spuren auf der Frontplatte keine echten Kratzer waren, sondern Metallabrieb von der Schraubendreherspitze.

Ich habe Müslischalen aus Porzellan, da drin gibt es auch immer vermeintliche Kratzspuren durch den Löffel, aber die lassen sich mit Autopolitur perfekt entfernen. Die Spur sitzt nämlich auf der Glasur und ist nur Metallabrieb, der sich entfernen lässt!

Auf die Idee, es mit einem Radiergummi zu versuchen, wäre ich von alleine nicht gekommen. So eine eloxierte Aluminiumoberfläche sollte man ja besser nicht mit einer Politur bearbeiten. Der Radiergummi funktioniert aber perfekt!

Ciao, Chris

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henry2
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#50 Beitrag von henry2 » 10.05.2013, 23:04

Hallo zusammen,

@Thomas: Zu Deiner Frage, ob ich Klangunterschiede zwischen Röhren hochwertiger Qualität oder nur zu solchen zweifelhafter Qualität festgestellt habe, kann ich sagen: bei beiden.

Ich betrieb über ca. 15 Jahre hinweg eine Röhrenanlage, so dass ich lange Zeit die Möglichkeit dazu hatte, u.a. auch mit verschiedenen Röhrentypen zu experimentieren. So konnte ich bei der weit verbreiteten Vorstufen-Triode ECC83 erhebliche Klangunterschiede zwischen der sicherlich qualitativ nicht besonderen ECC83 der Firma "National Yugoslavia" und einer ECC83 der Firma Valvo feststellen. Die Valvo-Röhre klang wesentlich "lebendiger" und differenzierter als die National Yugoslavia-Röhre.

Die Endstufen wurden vor meinem Kauf des Verstärkers mit neuen Röhren bestückt; die Endröhren waren Qualitätsprodukte von RCA vom Typ 6L6GC. Da auch dies eine Röhre ist, die sich durch eine ganze Reihe vergleichbarer Typen substituieren lässt, interessierte mich ein Vergleich mit der 5881, welche praktisch identische Daten hat, aber eher für industrielle Anwendungen konstruiert wurde. Sie weist eine etwas bessere Wärmeabfuhr des Anodenblechs und eine höhere Stoßfestigkeit auf. Angeblich soll sie auch in militärischen Geräten Verwendung gefunden haben. Ich bestellte mir 2 Paare dieser Röhren und tauschte sie gegen die 6L6GT aus. Das Ergebnis war ebenso markant und vergleichbar mit dem vorher beschriebenen, mit der ECC83: lebendiger, differenzierter. Hinzu kam, dass die Wiedergabe aber auch deutlich "knackiger" und "bestimmender" war (wenn man das so sagen darf). Die 5881 blieben natürlich drin!

Andere Austauschaktionen verliefen weniger spektakulär; Unterschiede waren, wenn überhaupt, kaum wahrnehmbar.

@Chris: Es macht richtig Spaß, Deine schön bebilderten Beiträge zu verfolgen. Man ist ja schon richtig mit dabei. Gratuliere zu Deinem gelungenen ECF80-Coup. Vielen Dank auch für Deinen Tip zur Beseitigung der Metallabriebspuren in den Müslischalen. Muss ich morgen gleich ausprobieren.

Zum Thema Vorheizen: Als Vorbereitung zur Inbetriebnahme lange gelagerter Röhren wirkt sich ein einmaliges Vorheizen solcher Röhren über mehrere (2-3) Stunden sicherlich nicht schädlich, sondern vielmehr als dienlich aus. Ich habe diese Maßnahme schon während meiner Lehrzeit in den 60er Jahren bei einem namhaften Rundfunkgerätehersteller als probates Instrument zur Verbesserung des Betriebsverhaltens solcher Röhren vermittelt bekommen.

Die von Herrn Caspari erwähnte Zwischenschichtbildung tritt erst dann auf, wenn die Röhre auch während späteren Betriebszeiten über längere Phasen ohne Kathodenstrom betrieben wird. Im übrigen bin ich, was die Beiträge auf den Internetseiten dieses Herrn angeht, sehr vorsichtig. Sicherlich ist einiges davon durchaus zutreffend, aber was beispielsweise seine technisch-/wissenschaftlichen Ergüsse über Transistorverstärker und CD-Spieler angehen, so kann man diese schlicht als groben Unfug bezeichnen.

In diesem Sinne...

Gruß Heinrich

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#51 Beitrag von Sanug » 10.05.2013, 23:17

Hallo Heinrich,

vielen Dank für deine ausführlichen Informationen. Was die Müslischalen betrifft, ich habe es gerade mal ausprobiert, auch da funktioniert der Radiergummi. Man barucht aber sehr viel Kraft und Geduld. Bei der glatten Oberfläche würde ich dann doch eher zur Politur raten.

Zurück zum Thema: Herr Caspari behauptet ja auch, dass man bei intakten Röhren keinerlei Klangunterschiede feststellen könne, was ich auch kaum glauben mag. Trotzdem halte ich den Hype um NOS und Telefunken für völlig überzogen. Klar sollte man keine minderwertigen Röhren verbauen. Aber auch bei Valvo oder Telefunken gab es vereinzelt defekte Exemplare und schlechte Produktionsserien.

Unklar ist mir die Qualität bei RFT-Röhren aus der DDR. Meine PL504 klingen gut, machen mir wegen der unterschiedlichen Heizfäden aber Kummer. Die Widerstände der Heizfäden im kalten Zustand gehen von 16,2 bis 16,8 Ohm, wobei die hochohmigeren Röhren dann deutlich heller brennen. Insbesondere beim Einschalten sieht das nicht gesund aus, da leuchtet der Faden von 2 Röhren kurzzeitig fast weiß. Ich kann aus der Quelle weitere RFTs bekommen für 7 Euro das Stück, vielleicht sollte ich noch mal zugreifen und selektieren. Bei dem Preis ist das kein großes Risiko. Was meinst du?

Ciao, Chris

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#52 Beitrag von Sanug » 15.05.2013, 06:55

Hallo zusammen,

ist ja ruhig geworden hier. Kurz zum Stand der Dinge:

Der Braun CSV60/1 läuft bei mir täglich und erfreut mich mit Zuverlässigkeit und einem schönen Klang. Der geht richtig laut, aber auch wenn ich spät abends sehr leise hören muss, vermisse ich im Klangbild nichts. Trotz ausgebauter Loudness-Schaltung, das habe ich nicht bereut.

Ein interessanter Effekt bei diesem Röhrenverstärker ist die Räumlichkeit des Klangbildes. Ich mache mir da nichts vor, das Gerät betreibt ein wenig Schönfärberei auch in dieser Hinsicht, wahrscheinlich wegen den Ausgangsübertragern. Wenn man auf "Mono" stellt, kommt der Klang auch nicht exakt aus der Mitte zwischen den Lautsprechern, sondern schwebt immer noch ein wenig im Raum (die Lautsprecher sind polrichtig angeschlossen). Man merkt nicht mal auf Anhieb, wenn der Schalter auf Mono steht, aber er funktioniert.

Neuerdings vibriert der Deckel des Verstärkers leicht mit Netzfrequenz. Vielleicht ist es mir bisher nur noch nicht aufgefallen. Zu hören ist das jedoch nicht.

Den Spannungswähler habe ich wieder auf 220V gestellt. Mein Netz hat nämlich je nach Tageszeit 221-228V, was näher an 220V als an 240V liegt. Allerdings bemerke ich dadurch kaum eine Änderung, vielleicht wird er minimal wärmer, aber ich kann mir das auch einbilden. Bedenklich heiß wird er aber immer noch nicht, auch wenn er stundenlang läuft.

Meine 4 Ohm-Lautsprecher habe ich mal versuchsweise an die 8 Ohm-Anschlüsse gesteckt. Der Scheinwiderstand gilt ja nicht für das ganze Frequenzspektrum, außerdem mögen Röhrenverstärker eine Überlast lieber als eine Unterlast oder gar Leerlauf. Es klingt deutlich anders, sahniger, aber auch ein wenig wie komprimiert, aber nicht unschön. Speziell spät abends wird das Klangbild damit etwas runder. Ich muss damit mal länger probehören und spielen. Je nach Lautsprecher und seiner Impedanzkurve lohnt es sich wahrscheinlich, nicht zwingend den "richtigen" Anpasswert zu wählen.

Bei dem Regenwetter stehen die nächsten Modifikationen an: Der Selen-Gleichrichter soll raus, der 2x32µF-Becher soll nun doch ersetzt werden, und ich erwarte morgen weitere RFT PL504 wegen dem Verhalten der Heizung. Den Ruhestrom will ich dann auch endlich mal einstellen. Außerdem will ich die Folienkondensatoren mal durchprüfen, denn da scheint es ja doch Probleme mit Kapazitätsverlust zu geben. Es gibt also noch gut zu tun.

Sanug
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#53 Beitrag von Sanug » 16.05.2013, 12:53

Gestern sind die weiteren PL504 von RFT eingetroffen. Die streuen ganz schön in der Fertigung, ich bin nicht wirklich zufrieden. Der kalt gemessene Widerstand der Heizung lässt keine Rückschlüsse zu auf das tatsächliche Verhalten. Und meine Bedenken sind berechtigt: Nach einem Röhrenwechsel ist mir gleich beim Einschalten bei einer Röhre der Heizfaden durchgebrannt. Ob es Sinn macht, einen Heißleiter in die Serienheizung zu schalten, um den Einschaltstrom zu begrenzen und ein kurzzeitiges Weißglühen der Heizungen zu verhindern?

Auch sonst sind die Röhren nicht toll: Mikrofonie und die Notwendigkeit einer erheblichen Nachstellung der Symmetrie sprechen nicht für eine super-Qualität. Nun gut, es sind Zeilenendröhren für Schwarzweiß-Fernsehgeräte, da hat man sicher nicht auf höchstem Niveau produziert. Und die Mikrofonie kann auch von den Röhrensockeln kommen.

Damit wären wir beim nächsten Thema. Wenn man die Vorstufenröhren leicht in den Sockeln bewegt, gibt es laute Geräusche im Lautsprecher. Offenbar sind sie Sockelkontakte korrodiert oder ausgeleiert. Wenn man die Röhre abklopft und es "knallt", weiß man deshalb auch nicht, ob sie defekt (mikrofonisch) ist oder es nur am Sockel liegt. Früher haben wir die Röhrenpins immer mit Kontaktspray eingesprüht, vielleicht sollte ich das man versuchen. Oder ich werfe noch alle Röhrensockel raus, sofern es noch passende Neuware gibt. Kalte Lötstellen sind es jedenfalls nicht, das kann ich ausschließen.

Der Selengleichrichter scheint mir übrigens intakt zu sein. Nach der Umstellung auf 220V messe ich jetzt ziemlich genau 25V am Elko. Wechselspannungsseitig messe ich 22,5V, so ein Selengleichstinker hat schon ordentlich Innenwiderstand. Mittelfristig muss der sowieso raus.

Atlas
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#54 Beitrag von Atlas » 16.05.2013, 17:06

Moin moin!

Die Röhrensockel soll man gut mit Interdentalbürsten reinigen können, denn das Knallen und Knacken kommt wohl wirklich von korrodierten Sockelkontakten.

Gruß

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#55 Beitrag von eleflo » 16.05.2013, 18:57

Sind die Glühfädern der PL504 eigentlich in Reihe geschaltet?
Röhren der P-Reihe sind schließlich auf einen Heizstrom von 300mA ausgelegt und möglicherweise streuen da die RFT-Röhren etwas.
Gruß Flo

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#56 Beitrag von Sanug » 16.05.2013, 19:03

Ooops, die sind tatsächlich parallel geschaltet, obwohl die P-Serie doch für Serienschaltung ausgelegt ist! Ich bin deshalb bisher von einer Serienschaltung ausgegangen und dachte, dass die sich deshalb gegenseitig beeinflussen. Aber ein Blick auf die durchschaubare und offen liegende Verdrahtung zeigt, dass es sich tatsächlich um Parallelschaltung handelt, auch im Schaltbild ist es so dargestellt. Das Problem ist aber wohl der hohe Einschaltstrom bei kaltem Glühfaden, wenn er noch niederohmig ist, zumal sie direkt am Netztrafo hängen.

Tztz, diese Braun-Techniker. Schalten die ECC83 in Serie und die PL504 parallel, obwohl es andersrum sein sollte. Nun gut, bei der ECC83 kann ich es ja noch verstehen, denn ein (Selen-) Gleichrichter für den 4fachen Strom wäre damals teuer gewesen, oder? Aber warum hat man den Trafo für die PL504 nicht auf die 4fache Heizspannung gewickelt und die Heizungen in Reihe geschaltet?
Zuletzt geändert von Sanug am 16.05.2013, 19:08, insgesamt 1-mal geändert.

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#57 Beitrag von eleflo » 16.05.2013, 19:07

Hast du ein regelbares Netzgerät? Dann kannst du mal bei jeder Röhre die Heizspannung messen wenn 300mA Strom fließen. Ggf. gibt es da doch größere Unterschiede.
Gruß Flo

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#58 Beitrag von Sanug » 16.05.2013, 19:09

Hallo Flo,

leider nein. Das Problem ist auch nur der Einschaltstrom bei kaltem Faden, manche leuchten dann kurzzeitig weiß wie eine Glühlampe. Und das ist offensichtlich ungesund.

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#59 Beitrag von henry2 » 16.05.2013, 22:51

Hallo Chris,

das Problem mit dem unterschiedlichen Heizverhalten der Röhren ist eben der Qualität der ostzonalen Errungenschaften geschuldet. Ich habe schon vor Jahren aufgrund der selbst erfahrenen negativen Eigenschaften von RFT- bzw. RSD-Röhren beschlossen, keine dieser Gattung mehr anzufassen. Die Mängel bei den RFT-/RSD-/FSG-Röhren erstreckten sich von den gleichen Erscheinungen, die Du bzgl. der Heizung feststellen konntest bis über starkes Mikrofonieverhalten und glühende Anodenbleche im Normalbetrieb.

Der Handelsname RSD war und ist zwar am verbreitetsten, die Röhren aus ostdeutscher Fertigung wurden aber auch unter dem Namen RFT oder auch FSG vertrieben. Diese Röhren sind (und waren schon immer) in der Erstanschaffung zwar einige € billiger als westliche Markenware, aber unterm Strich meistens doch teurer, weil sich viele von ihnen entweder gleich oder nur wenig später verabschieden oder aber ihre Solldaten nicht einhalten. Man kennt das ja auch von anderen Produkten aus dem glorreichen Arbeiter- und Bauernstaat.

Wenn Du Dich nun nicht weiter über Deine Endstufenröhren ärgern oder Dir darüber besorgte Gedanken machen willst, so musst Du wohl oder übel wieder zum Bestellschein greifen und Dir nochmals 4 Markenröhren von Valvo, Telefunken oder Siemens ordern.

Ein passender NTC-Widerstand für einen "Softstart", den Du in Serie zur Heizspannungsversorgung schalten könntest und der auch nur kurzzeitig für > 1 A respektive ca. 5 Watt ausgelegt ist, ist mir nicht bekannt.

Wenn Du dann mal ordentliche Endröhren bestückt hast, lassen sich bestimmt auch die Arbeitspunkte wieder richtig einstellen.

Zu dem Problem mit der schlechten Kontaktgabe der Vorröhrensockel würde ich denen zunächst mal von oben eine richtig bemessene Portion Kontaktspray verabreichen, dann gleich hinterher die Röhre einstecken und diese einige Male nach allen Richtungen hin und her, aber auch auf und ab bewegen. Röhren wieder raus, austrocknen lassen, Röhren wieder rein, einschalten und schauen, ob sich's gebessert hat. Es hat sich bestimmt! Falls die Röhren aber tatsächlich mikrofonieempfindlich sind, hilft die Sockelreinigung natürlich auch nichts und es sind ein paar neue (Marken-)Röhren fällig.

Wenn Du all das erledigt hast, besitzt Du wieder einen wunderbaren Verstärker.

Vielem Güße,

Heinrich

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#60 Beitrag von Sanug » 16.05.2013, 23:07

Hallo Heinrich,

mit der Qualität von Ostprodukten generell habe ich andere, größtenteils ganz hervorragende Erfahrungen gemacht. Es war wirklich nicht alles Müll, was jenseits des eisernen Vorhangs produziert wurde, im Gegenteil.

Was die DDR-Röhren aus dem RFT-Werk in Mühlhausen betrifft: Unzählige Markenröhren von Valvo, Siemens, Telefunken, Mullard etc wurden in den 1970er bis 1980er Jahren genau in dieser Fabrik produziert. Mangels Nachfrage hatte der Westen ja gar keine Röhrenfabriken mehr! Selbst die Bundeswehr hat in Mühlhausen ihren Bedarf gedeckt. Und zumindest die dort produzierten EL34 waren kein Schrott, sondern haben sich millionenfach im harten Einsatz in Gitarrenverstärkern bewährt (letzteres wohl eher weniger bei der Bundeswehr 8) ).
Jogis Röhrenbude: Die EL34-Story

Meine Vermutung: Die PL504 wurde möglicherweise nicht mit der gleichen Sorgfalt gefertigt wie die EL34. Eine Zeilenendstufe im Schwarzweiß-Fernseher ist ja recht anspruchslos. Übrigens konnte das Gerücht nicht bestätigt werden, dass DDR-Produkte, die unter eigenem Label für den Binnenmarkt produziert wurden, von schlechterer Qualität sein sollen als Exportprodukte, die auf westlichen Markennamen umgelabelt wurden.

Ciao

Christof

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