Regie 550 – FM Frequenzdrift Beseitigung

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Jens
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Regie 550 – FM Frequenzdrift Beseitigung

#1 Beitrag von Jens » 27.01.2013, 21:35

Nachdem ich mich mit meiner Regie 550 in letzter Zeit wieder intensiver beschäftige, habe ich mich entschloßen, eine weitere Baustelle anzugehen. Anno 2009 hatte ich mich hier im Forum mit meiner ersten Anfrage gemeldet, da meine Regie unter anderem eine kräftige Frequenzdrift im UKW-Bereich aufwies. Norbert, derLange und Frank (fnerstheimer) haben mir wertvolle Tipps gegeben, die ich nun in Folge abgearbeitet habe.

Das Problem:
  • 1. Es besteht eine kräftige Frequenzdrift beim Einschalten des CEV550 – Das Frequenzband wandert ca. 5-7 Minuten kontinuierlich aus bevor es sich allmählich stabilisiert. Die endgültige Frequenz „steht“ nach etwa 15-20 Minuten. Die Drift tritt sowohl bei den Stationstasten als auch bei der UKW Bereichstaste (rot) nach Einschalten des Receivers auf.
    2. Nach Erwärmung und Stabilisierung des Receivers verbleibt jedoch eine alternative Frequenzdrift, die bei hin- und herschalten zwischen Stationstasten und den Bereichsschaltern (AM / KW/ LW / Phono / Band) auftritt. Diese Frequenzdrift ist im Fall des Umschaltens zwischen UKW Taste (rot) und den anderen Bereichsschaltern geringer. Auch das Umschalten von Stationstasten im Wechsel mit der UKW-Bereichstaste ist unauffällig.
    3. Eine dritte feststellbare Variante der Frequenzdrift lässt sich bei wechselseitiger Betätigung der Stationstasten U1 –U7 feststellen. Es sind schwache Sekundendriften die je nach Stationstaste unterschiedlich lange dauern und entsprechend weit reichen.
    4. Das einstellbare Frequenzband stimmt nicht mit der Anzeige überein. Die Drift schiebt das obere Frequenzbandende FM über 104 MHz hinaus.
    5. Die Drift stabilisiert sich nicht auf dem vorher eingestellten Sender. Es ist jedes mal ein anderer Punkt.

    Um dem (oder den) Problem(en) beizukommen, habe ich zunächst einige Zeit damit verbracht, die Fehlerquelle per Schaltplan messtechnisch einzukreisen und die potentiellen Verursacher zu identifizieren. Wie wertvoll ein Service Manual inkl. Schaltplan, Platinenlayout und Bestückungsliste ist, habe ich dabei neu schätzen gelernt. Auch die Firma Conrad hat sich über meine zahlreichen Besuche gefreut… :wink:
    Allgemein scheinen bei mir mehrere Probleme vorzuliegen, die durch altersbedingte Veränderung der betroffenen elektr. Komponenten hervorgerufen werden.
Meine Todo Liste:

a. Stabilisierte Oberspannung des UKW Bausteins:
  • - Spannungsstabilisierung über IS Ci 101 prüfen (Kältespray/Messen) Eingangsspannungsabgleich auf 20 (V=) am Poti R139 durchführen (Messpunkt 15). Überprüfung/Ersetzen von Wiederständen / Dioden und Trimmer im Signalweg wenn notwendig
b. FM-Festpeichertasten Platine:
  • - Ausbauen und die zur Stabilisierung verbauten Tantalkondensatoren (1µF/35V) prüfen und ggf. austauschen (sitzen an den jeweiligen Frequenzreglern).
c. Regelnetzteil:
  • - Transformator Sekundärwicklung prüfen (26V~)
    - Gleichrichter prüfen (gr801) 33(V=)
    - Transistoren T801/T802/T803 prüfen -> Basis T801 erzeugt stabile 25(V=) für die NF-Vorstufe
    - R807/D804 (Zehnerdiode) prüfen. Hier wird eine stabile 15(V=) Versorgungsspannung für das HF-Teil erzeugt.
    - Widerstände/ Kondensatoren / Dioden zur Spannungsstabilisierung ganz allgemein prüfen (Messen/Kältespray)
d. Abgleich des UKW Bausteins:
  • - Ohne Signal an Messpunkt 15 über R139 (Trimmer) auf 20 (V=) (obere Grenzspannung)
    - Ohne Signal an Messpunkt 16 über R122 (Trimmer) auf 4,5 (V=) (untere Grenzspannung)
    - Frequenz (Drehsteller) linker Anschlag Messpunkt 17 über R142 auf 4,5 (V=) einstellen
    - Frequenz (Drehsteller) rechter Anschlag über Messpunkt 15 anliegende Spannung messen (Spannung >19,5 V und < 20V sind OK) andernfalls über R139 vorsichtig nachregeln.
Einige Ergebnisse:

a. Prüfung IS Ci 101 / R139 (Empfohlen von Norbert, derLange, Frank (fnerstheimer):
  • Der Spannungsregler reagiert auf Kältespray! Die an Stecker ST101 mit Anschluß 1 (Ustab) gegen Masse gemessene Spannungs-Drift lag im Bereich von ca. 35 mV. Ich habe den IC kurzerhand ausgetauscht. Der Trimmer (R139) zur Spannungsbegrenzung war ebenfalls defekt. Dessen Schleifer löste sich buchstäblich vor meinen Augen auf. Er wurde gegen einen Ersatztrimmer mit 5k Ohm ausgetauscht.
Bild Trimmer Tausch Bild Trimmer und IC neu Bild
  • Der Austausch des IS Ci 101 (LM723CN) brachte eine deutliche Besserung bezüglich der Driftdauer und des Driftweges. Mit dem Austausch des Trimmers R139 wurde auch die Verschiebung der oberen Frequenz (über 104 MHz) behoben. Es lag eine deutlich erhöhte Spannung oberhalb von 20(V=) an (Messpunkt 15).
b. Prüfung/Austausch der Tantalkondensatoren (Elko's):
  • Auf Hinweis von Frank (fnerstheimer) habe ich die FM-Speicher-Leiterplatte hinter der Regie Frontblende ausgebaut und die Tantalkonkensatoren (R131-R137) „on Block“ getauscht (Ersatztypen in gelb: 1µF/35V ) . Die Messung der alten Kondensatoren ergab Kapazitätsunterschiede.
Bild alt Bild neu Bild alt vs. neu
  • Die individuelle Drift der einzelnen Speicherplätze U1-U7 ist dankenswerter Weise mit diesem Arbeitsgang behoben. Es bleibt die immer noch (schwache) Drift nach dem Einschalten des Receivers und jene die bei Umschalten des AM/FM Betrieb entsteht.
c. Arbeiten am Regelnetzteil (Empfohlen von Norbert und demLangen):
  • - Messung der Sekundärwicklung des Trafos: Es liegen stabile 26 (V~) an.
    - Messung des Gleichrichters gr801 im Regelnetzteil: Es liegen stabile 33(V=) an
    - Messung des Transistors T801 im Regelnetzteil: Es liegen stabile 25 (V=) an Basis T801 an.
    - Messung der 15 (V=)Versorgungsspannung: Die über R807 und D804 (BZX 85 - Zehnerdiode) erzeugte Versorgungspannung von 15 (V=) für das HF-Teil brach empfindlich im Kältetest ein. D804 und C807 (roter Röderstein Elko 10µF/63V) reagierten beide. Die Erholung dauerte mehr als eine Minute um den Sollwert wieder zu erreichen. Die gemessene Spannungsdrift lag im Bereich von -1V . Beide habe ich gegen Ersatztypen ausgetauscht.
Bild Bild defekter Röderstein

Fazit:
Eine Frequenzdrift bei warmgelaufenen Gerät ist nicht mehr feststellbar. Bei "Kaltstart" ist der Empfang nach ca. 1-2 Sekunde stabil. Der jeweilig vorher eingestellte Sender wird genau getroffen (ohne AFC). Die feststellbare Senderdrift beträgt dabei max. 5mV und ist für mich absolut akzeptabel. Auch die unangenehme Drift während des Umschaltens zwischen den Bereichsschaltern und den Festspeichertasten ist verschwunden. Nach Abgleich des UKW Bausteins konnte der Receiver wieder zusammengebaut werden.
Bild Bild Bild
Das diese Reparatur ohne die entscheidenden Tipps aus dem Forum (danke Euch) nicht erfolgreich verlaufen wäre, versteht sich von selbst. Der wirkliche Spaß an dieser Instandsetzung ist sicherlich in dem immensen Erfahrungsgewinn zu sehen. Zusammenhänge selbst herausfinden und gezielt Reparaturen durchzuführen, welche im Ergebnis funktionieren ist schon ein geniales Gefühl... 8)

PS.: Sollte ich mir grobe Schnitzer in meiner Beschreibung erlaubt haben, bitte Bescheid geben. :roll:

Nach der Reparatur-Session und der Beschäftigung mit den Schaltplänen kann ich so manche Begeisterung für diese Modelle (CEV510/520/550) nachempfinden. Die Verarbeitung ist klasse, die Zugänglich hervorragend und Demontagen blitzschnell gemacht.
Der FM-Empfang des Braun Receivers ist dabei sehr trennscharf und auch bezüglich der dabei erzielbaren Empfangsqualität eine Klasse für sich.

Gruß, Jens
Don't Panic!

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